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Spirit of Change Teil 2

Mehr als ein Chor

Spirit- of- Change- Erlebnisberichte und mehr

Wer mehr erfahren möchte kann auf der offiziellen Seite von Spirit of Change alle erfahren


Endlich wieder Herzklopfen 2020


Vor Auftritten spüre ich immer noch eine positive, konzentrierte Spannung, doch längst keine Aufregung mehr. Ob wir in großen Hallen vor Zehntausend Menschen singen, mit echten Stars zusammenarbeiten oder einen Gottesdienst mitgestalten, mein Ruhepuls bleibt gelassen.

Und doch stehe ich jetzt hier und all das ist wieder da. Mein Herz rast, mein Magen grummelt und mein Hals ist ganz trocken. Die Ansprache des Gastgebers, der auf den hohen Anspruch verweist, den sein Haus an einen Chor hat, der hier singen darf, der Hinweis auf den Haus- Chor*, der sonst an dieser Stelle die Messe begleitet, all das kann es nicht sein. Das sind wir gewöhnt.

Es muss wohl genau dieses Haus sein, welches im tiefsten Sinne das Herz einer Stadt ist, was mein eigenes Herz zum Pochen bringt.

Wir verlassen das Dachgeschoss mit seinen wunderbaren Fenstern, dem spitzen Giebel und dem warmen Licht, gehen eine alte Treppe hinunter. Durch die Buntglasscheiben erahnen wir das pulsierende Leben auf dem Vorplatz. Hier drinnen werde ich immer stiller.

Der Weg führt durch die große Sakristei in den kalten Kirchenraum. Wartend stehen wir auf den alten Steinplatten. Wer mag hier schon alles gewandelt sein. Ein schmiedeeisernes Gitter öffnet sich und hinein in das sich über uns wölbende Kunstwerk der Hochgotik.   

Es ist kühl, obwohl es Sommer ist, das Licht schimmert auf dem goldenen Schrein, der hinter dem Hochaltar prangt, während wir uns einen Platz unterhalb des reich verzierten Chorgestühls suchen.

Meine Aufregung legt sich nicht. Ich bin ergriffen, voller Furcht und Freude. Der Gottesdienst beginnt, der Priester hebt an, meine Hände sind ganz kalt.

Als wir uns zum ersten Lied erheben, weiß ich immer noch nicht, ob sich ein Ton aus meiner Kehle lösen wird. Dazu kommt die schwierige Akustik.

Dann hebt der Chorleiter die Hand, verharrt für Sekundenbruchteile in der Luft, die Spannung steigt, mein Herz schlägt schneller, doch dann siegt die Erfahrung und als sich die ersten Töne in das hohe Gewölbe schwingen, bin ich ganz da. Ich bin ja nicht alleine. Da sind all die wunderbaren Stimmen meiner Mitsänger/ innen, die das Einzelne zu diesem zauberhaften Ganzen sammeln, dem Chorgesang. Und wo könnte er schöner schwingen als hier in unserem lieben Dom zu Kölle. Hier, in der Tiefe aller Geheimnisse, dem schönen Dreikönigsschrein, dessen „Erwerb“, so wollen wir es wohlwollend nennen, die Stadt Köln als Pilgerstätte so viel an Ansehen, Freiheit, Eigenständigkeit und Reichtum zu verdanken hat.

Aber für alle, denen ein kölsches Herz in der Brust schlägt, ist der Dom ja soviel mehr und das war es wohl, was mich so ungewohnt ergriffen hat.

Als der schön gestaltete Gottesdienst, zu dem die Auswahl der ruhigen, kontemplativen Stücke durch unseren Chorleiter Michael Hesseler sehr gut passte, sich dem Ende neigte, prozessierte die Gemeinde unter Weihrauchschwaden und Orgelklang festlich hinüber zu der Schmuckmadonna. Dort sangen wir das passende Stück “Hail Holy Queen“.

Zum Schluss versammelten wir uns in der Sakristei und erwarteten das abschließende Urteil. Der sehr gestrenge Gastgeber wartete, bis alle ganz still waren und seine Miene war sehr ernst dabei. Dann sagte er:“ Sucht euch einen neuen Termin aus.“ Alle warteten. „Habt ihr das verstanden, ihr dürft wiederkommen! Das war wirklich sehr schön!“

Aufatmen, Vorfreude, Begeisterung.

Bei einem lustigen Zusammensitzen im Brauhaus gegenüber fiel die Anspannung endgültig ab und ich wusste, dass dies eines der Highlights in meinem Chorleben bleiben würde. Da der Gottesdienst im Domradio mit Bild und Ton übertragen wurde und auch in der Mediathek zu sehen ist, konnte ich das Erlebte noch einmal in Ruhe genießen.

Freunde, die zurzeit einige Jahre in China leben und regelmäßig Messen im Domradio verfolgen, weil es in China oft eine lange Reise zur nächsten Kirche erfordert, machten wir eine echte Freude.

Das war vor zwei Jahren. Dieses Jahr im November hatten wir wieder das Vergnügen im Dom zu singen. Meine Aufregung war wieder da. Wie auch nicht, wenn man mitten im Herzen einer Stadt die schönsten Lieder singen darf. Und das, in unserem lieben Dömchen.

*beim Haus-Chor handelt es sich natürlich um den Domchor

Wen das neugierig gemacht hat, der hat am          die Gelegenheit den Chor „Spirit of Change“ mit Psalm-  und Evensongs um                Uhr beim Gottesdienst live am Dreikönigsschrein zu erleben.

Sternenstaub und Gänsebraten

Heute habe ich meinen weißen Chorschal gewaschen. Ich hatte ihn nach dem Auftritt in meiner Tasche gelassen. Er lag neben Noten, die eine Geschichte erzählen. Weihnachtlich und besinnlich, hoch dann wieder tief. Ein paar Halsbonbons, ein wenig Glitzer, wo der wohl herkommt, wie Sternenstaub, ein wenig Adventsgefühl- übriggeblieben.  Der Schal lag zuunterst. Vergessen.

Nicht so schlimm. Er müffelt nicht. Das Singen in Kirchen ist selten schweißtreibend. Ausgefallene, überforderte oder defekte Heizanlagen zählen neben den schwierigen akustischen Gegebenheiten in vielen Gotteshäusern eher zum Alltag eines Kirchenchorsängers.

Dafür wird man mit interessanter Architektur, durch Buntglasfenster fallendes Licht und manchem Kunstwerk schon bei der Probenarbeit verwöhnt. 

Viel Zeit und Arbeit stecken Chorleiter, Techniker und Mitglieder der Band unter der Leitung von Klangmeister Wilfried Venedy in die Perfektion der jeweiligen akustischen Begebenheiten und füllt sich der Kirchenraum mit Menschen, wird auch die schlimmste Kälte gemindert.

Gut gefüllt war die Porzer Pfarrkirche St. Josef gleich an zwei Aufführungen der „Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens als Hörspiel im Advent. Kuschelig warm wurde es nicht gerade, aber im Herzen wurde es dafür ganz weihnachtlich.

„Spirit of Change“ und der Jugendchor „Young Spirits“ gaben die Geschichte von Dickens als Singspiel. Eine Herausforderung war das schnelle Singen von deutschen Texten, gegen die Akustik des Kirchenraumes.  Doch wir konnten auf das Coaching von Melanie Wirtz zurückgreifen, welches während eines unserer Probenwochenenden in Oberwesel in den Probenplan eingebaut worden war.

In dem Hörspiel las sie zusammen mit Sprecher Thomas Friebe fesselnd und anspruchsvoll die Dialoge und Erzählpassagen. Es gab Momente zum Schmunzeln und solche zum Weinen. Viele nachdenkliche und vielleicht auch gruselige Augenblicke. Schließlich begegnen dem Geizhals und Fiesling Scrooge drei Geister, die ihn auf den rechten Weg zurückbringen wollen. 

Klanglich abgerundet wurde das vorweihnachtliche Erlebnis von der Haus- und Hofband von Spirit of Change und dem Pfarrorchester von St. Josef. Kantor Michael Hesseler  (wie drückt man aus, was du mit Text und Musik gemacht hast? Kenne da nicht die Fachtermini.)

Als Hintergrund auf großer Leinwand malten die Illustrationen von Robert Ingpen das Geschehen mit bunten Farben aus. Die Weihnachtsgans sah wirklich lecker aus.

Die Zuschauer waren begeistert und spendeten dem Zusammenspiel so Vieler enthusiastischen Applaus, erhebten sich von den Sitzen. Alle gingen mit weihnachtlichen Gefühlen hinaus in den Winterabend.

Der weiße Schal wird jetzt in meiner Chorkiste verstaut und wartet auf den nächsten festlichen Auftritt.

Kennen wir noch den Geist der Weihnacht?*

Wir sitzen auf unseren neuen Chor- Klappkisten und lauschen Pfarrer Dr. Rolf Theobold und Elisabeth Uhlenbroch- Bläser im Zwiegespräch.

Aber es scheint nur auf den ersten Blick so. Schließt man die Augen und lauscht nur den Stimmen, dann knurrt da nicht mehr der Pfarrer, sondern der alte Geizhals Scrooge und spricht nicht wie mit Engelszungen die Gemeindereferentin, sondern man hört das Flehen des kleinen Tim, der scheinbar Unverbesserliche, möge doch den Geist der Weihnacht atmen. Doch der muss zuerst die drei Geister sehen, die ihm arg zusetzen und ihn am Ende retten.

Diesen schönen Brückenschlag von unserem Weihnachtshörspiel zu der 40. Zündorfer Gospelnacht schlagen die beiden liturgischen Leiter in diesem ökumenischen Gottesdienst in Texten und kleinen Theatereinlagen. Sie fragen sich und uns, ob wir noch den Geist der Weihnacht kennen.

Die Kirche St. Mariae Geburt in Zündorf ist an diesem Abend brechend voll.

Es liegt Weihnachten in der Luft. Spirit of Change und Band und die Young Spirits singen Stücke aus dem Hörspiel „Eine Weihnachtsgeschichte“ von Dickens, Gospel und Weihnachtslieder.

Nachdem Pfarrer Theobold und Frau Uhlenbroch- Bläser Pfarrer Rheins gedachten, der so lange die Gospelnächte mitgestaltet hatte, fiel es zunächst sehr bewegt, schwer, wieder konzentriert zu singen. Doch bei den Weihnachtsliedern unterstützte die Gemeinde nach Leibeskräften und ein schönes Adventssingen füllte den Kirchenraum. Bei „Oh Happy Day“ sprang der Funke endgültig über.

Gerne wurde da für den guten Zweck, diesmal „die Tafel“ gespendet.

*Thema der 40.Zündorfer Gospelnacht

 Rawhide* Oder jetzt schließt sich der Kreis

 „Wir sind heute hier, schade, dass ihr nicht dabei seid.“ Das war die erste Nachricht an alle Kranken und Daheim gebliebenen von der Überraschungsweihnachtsparty des Chores.

Leider gehörte ich dazu, weshalb ich nur anhand der schönen Fotos und Filme über diesen Abend berichten kann, den uns unsere lieben Chorfreunde zum Trost zuschickten.

Wieder wusste bis auf das Vorbereitungsteam niemand, wohin die diesjährige Weihnachtsfeier gehen würde. Nur dass wir uns sportlich- elegant kleiden sollten.

Sofort begann das schöne Ritual der Spekulationen. Wir überschlugen uns mit unseren Ideen. Ich glaube, wir lagen alle falsch.

Als das Geheimnis gelüftet wurde trudelten Fotos aus Elspe ein. Die Weihnachtsdinnershow also!

4- Gang Menü, Servicepersonal im Westernlook, irdene Gefäße mit köstlichsten Speisen vom Lagerfeuer, (stelle ich mir jedenfalls so vor) zubereitet von bärtigen Cowboys, dazu eine Show von Artisten, Musikern, Schauspielern und Stuntmen.

Na, da verpasste ich ja richtig was.

Den ganzen Abend über trudelten weitere Fotos ein, so dass ich beinahe das Gefühl hatte, dabei zu sein.  Begeisterung und Spaß sprangen förmlich aus dem Zelluloid. Nach der zweistündigen Show ging es weiter bei der Aftershowparty im Saloon!

Anscheinend haben die Verantwortlichen in Elspe unseren Hörspielabend verfolgt, denn sie griffen das Thema „Christmas Carol“ auf und bauten das Ganze in eine Westernkulisse mit Schlägerei, Tanz und sogar brennenden Pferden ein.

Da war er wieder, der alte Geizhals Scrooge. Ich zitiere mich mal selber: „Wer glaubt, die Weihnachtsgeschichte schon in all ihren Fassungen gelesen oder gesehen zu haben, …, der irrt.“ *

In diesem Sinne freuen wir uns auf ein neues, aufregendes Chor-Jahr mit Spirit of Change und Band und den Young Spirits.

Kerstin Surra

*Westernsong von Frankie Laine

*aus dem letzten Pfarrbrief „Die Geister der Weihnacht“


2022 Nostalgische Töne zwischen Nikolausmütze und Narrenkappe

„Spirit of Change“, Chor im Wechsel der Gefühle

 

Die Weihnachtszeit ohne Musik und Gesang ist für die meisten Menschen kaum vorstellbar. Die schon in der Kindheit gesungenen Lieder rufen liebe Erinnerungen hervor. Erinnerungen an Christmetten und Familienfeiern unter dem lichterglänzenden Weihnachtsbaum. Gerade viele ältere Mitmenschen singen gerne die schönen, traditionellen Weihnachtslieder und erinnern sich an vergessen Geglaubtes zurück.

Doch auch in diesem Jahr war vieles nicht möglich. Für uns als Chor „Spirit of Change“ fiel unter anderem das jährliche Abschlusskonzert aus, das viele Jahre lang die Adventszeit mit Lamettaglanz und Kerzenschein stimmungsvoll einläutete. Hoffnungsvoll wie immer hatten wir ein schönes Repertoire an Weihnachtsliedern eingeübt. Doch wohin mit der ganzen Freude, wenn niemand zu unseren Konzerten kommen darf, um sie zu hören.

Als der Vorschlag im Raum stand, die Musik zu denen bringen, die nicht zu uns kommen können, waren alle Chormitglieder schnell begeistert. Die Auswahl der Stücke fiel leicht, da wir im letzten Jahr schon fleißig Weihnachtslieder aufgenommen hatten. Wenn man draußen in Sturm und Regen singt, kann ein wenig technische Unterstützung nicht schaden. Die Band mit Schlagzeug mal eben so ein- und auszupacken wäre auch ein wenig schwierig. Trotzdem dauerte es etwas, bis Verstärker und sonstiges Equipment aus dem Transporter ausgeladen waren, die Sänger-innen auf ihren Plätzen standen und das gespannte Publikum bereit war.

Eine schöne Mischung aus englischen und deutschen traditionellen Liedern lud zum Mitsingen ein. Das im englischsprachigen Raum beliebte „Carol Singing“ war Vorbild. Die ausgeteilten Liedblättchen wurden fleißig benutzt.

Die Technik trotzte dem Nieselregen und der Kälte. Genauso die mit Nikolausmützen ausgestatteten Sängerinnen und Sänger. Sie bewegten sich noch ein wenig mehr als sonst zur Musik. Ob das an der Kälte oder der guten Stimmung lag? Ich kann ehrlich sagen, wir fühlten uns verfroren und happy.

Die Mini-Tournee führte den Chor zum Außengelände des Krankenhauses Porz, dem Altenzentrum St. Martin in Zündorf und dem Hospiz in Urbach. Stimmungsvolle und berührende Momente und ein gemütlicher und mehr als gastlicher Ausklang vor dem Hospiz mit Bratwurst und Punsch und vielen schönen Gesprächen im warmen Licht aus den erleuchteten Zimmern mit der Musik noch im Ohr bleiben unvergesslich.

Die Christmette gesanglich mitzugestalten ist für viele Chormitglieder schönste Tradition und konnte dieses Jahr sehr zur Freude der Mitwirkenden wieder stattfinden. Festlich gestimmt klang das Chorjahr aus.

Kaum ist das letzte Kügelchen abgehängt und die Reste von Tannennadeln aus den Ritzen gekehrt, steht das nächste Ereignis vor der Tür. Das Lametta wird gegen Luftschlangen und die Orgel gegen die Trumm getauscht.

Obwohl ganz Köln eine Brauchtumszone ist und der unbeugsame Karnevalist das Lumpenclown-Kostüm schon mal zum Auslüften an den Schrank gehängt hat, wird vieles abgesagt. Vom Umzug bis zur Sitzung. Da steht die Frage im Raum, was geht noch?  Schließlich haben wir alle fleißig unser kölsches Repertoire studiert. Der eine hat es im Blut, der andere braucht den kölschen Duden. Aber Spaß macht es allen.

Am Karnevalssamstag wird es jeck in St. Laurentius in Ensen.  Mit den ansässigen Karnevalisten wird „Spirit of Change“ eine Messe gestalten. Mit rührigen und bekannten Leedcher. Natürlich op Kölsch. Mitsingen erlaubt.

Dass ein kölsches Herz in der Brust von Spirit of Change schlägt, hat der Chor in vielen Jahren lokalpatriotisch bewiesen. Ob bei der Teilnahme von „Spirit of Change und Band“ am Rosensonntagszug in Porz, der Young Spirits am Veilchensdienstagsumzug mit Lied und LED, oder der Zusammenarbeit mit Kölner Urgesteinen wie Tommy Engel, de Vajabunde, Wonderwall, King Size Dick und Kathy Kelly.

Und was haben Weihnachts- und Karnevalslieder gemeinsam? Vielleicht das Gefühl. Ein nostalgisches, gemütvolles Erinnern an schönes Beisammensein. An besondere Momente und die Gewissheit, dass auch stürmische Zeiten vorüberziehen. In diesem Sinne eine frohe Osterzeit und ein frühlingshaftes Gefühl der Erneuerung.

 

Kerstin Surra

 


Houston, wir haben ein Problem!

Die Sehnsucht nach einer Antwort

„Houston, können sie mich hören?“ „Krkr!“ „Hallo, hallo!“

Ich höre eine ferne, viel zu leise Stimme im Kopfhörer. Trotzdem verbuche ich das unter unerwarteten Erfolg. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich nicht damit gerechnet, eine Verbindung herstellen zu können. Ich bin aufgeregt. Zu aufgeregt, merke ich, denn jetzt heißt es ruhig nachdenken, was zu tun ist. Und wirklich: als sich mein Puls etwas beruhigt hat und die erste Euphorie abgeklungen ist, kann ich die Lage besser überblicken und mir fällt ein, dass ich einen Lautstärkeregler an meinem Kopfhörer habe. Den regle ich jetzt erst mal auf volle Lautstärke und bekomme gleich die Quittung. Laut und deutlich höre ich jetzt die Frage: „Kannst du mich hören?“

„Ja, ich höre dich laut und deutlich.“ Ich schreie es in mein Micro, doch die Wiederholung der Frage in meinen Kopfhörern macht mir klar, dass die Verbindung noch nicht steht. Niedergeschlagen starre ich auf meinen Bildschirm und versuche es ich noch einmal. Noch lauter. Dann fällt mir ein, dass es ja auch am Mikrofon einen On- Knopf gibt. Gut, dass keiner zusieht. Bitte nicht weitererzählen.

Jetzt brülle ich ins Mikro: „Ich bin hier!“ und noch einmal etwas leiser: „Ich bin hier, könnt ihr mich hören?“ Ein mehrstimmiges „Ja!“ ertönt. Ein mystischer Moment.

Zugegeben, anfangs war ich skeptisch, als ich die Auflistung des benötigten, technischen Equipments las. Dazu die nötigen Installationen von diversen Treibern, um das Interface zu connecten unter Entzippung von Downloads, dann die Puffer einzustellen, um Interferenzen zu verhindern … genau.

Erster Gedanke: „Waas?! Dann: “Och nö, kann ich nie!“ Aber endlich: „Kannste ja mal probieren.“

Ich besorgte mir alles nötige. Ein Mikro, Kopfhörer, externe Soundkarte.

Dann lagen die Sachen neben meinem Laptop und ich dachte wieder: „Och nö!“

Sah ja schon alles schick aus. Aber was ist eigentlich eine Soundkarte und wozu brauche ich sie? Ich las mir noch etwa zehnmal die erklärenden Mails und Informationen durch, die unser Leiter und einige EDV-affine Mitglieder und Freunde dankenswerterweise erarbeitet hatten, und legte los. Und siehe da! Es fing an, mir Spaß zu machen. Als mich die anderen hören konnten und ich ihnen antworten, war das schon wunderbar und ich ahnte, wie schön es sein würde, wenn wir wieder in kleinen Gruppen zusammen singen könnten. Ach, das hätte ich vielleicht erwähnen sollen: wir sind keine Astronautengruppe, die den Kontakt verloren hat oder ein wissenschaftliches Forscherteam auf der Suche nach Stimmen aus dem All. Wir sind einfach nur ein ganz normaler Gospelchor, der im Jahr 2021 versucht, zusammen das zu tun, was wir am liebsten machen. Und so kam es:

Wir trafen uns endlich in kleinen Gruppen virtuell auf Jamulus, einer Online- Plattform, auf der sich Sänger und Musiker in einem geschützten „Raum“ akustisch zum Singen und Musizieren treffen können. Nach und nach trudeln nun die Chormitglieder ein und verbinden sich auf dieser neuen Ebene miteinander. Es wird noch dauern, bis alle den technischen Widrigkeiten getrotzt haben, aber gemeinsam gelingt das jedes Mal besser. Es wäre schön, wenn sich viele auf diese Reise machen könnten. Ohne die Unterstützung der Gemeinschaft und der enormen Arbeit einiger, sich in Jamulus und Soundkarte einzuarbeiten und für uns Laien in Sachen Computertechnik verständlich aufzubereiten und technischen Support zu leisten, wäre das nicht möglich gewesen. Die Arbeit hat sich gelohnt Die Proben sind erstaunlich produktiv und ergiebig. Sich mal etwas Neues zuzutrauen, etwas dazu zu lernen und Schwierigkeiten gemeinsam zu beseitigen, das sind wir von „Spirit of Change“ ja schon gewohnt. So bleibt es spannend. Seit einem Jahr müssen wir uns als Chor aber ständig neu erfinden, um etwas so traditionelles wie Singen tun zu können. Ich bin zuversichtlich, dass dies weiterhin gelingt.

„Houston! Wir haben kein Problem!“

Bleiben Sie aufgeschlossen und gesund!

Kerstin Surra

Anders als geplant, Chor 2020

Anders als geplant! „Spirit of Change“ oder der flexible Chor 2020

Der Papa hat es zuerst gehört, dann sind wir ohne Jacke und Schal und mit offenen Stiefeln aus dem Haus gerannt, der himmlischen Musik folgend. Sahen die Lichter, hörten die Stimmen und da stand er, der Weihnachtszug. Reis verkocht, Füße erfroren, ein sprengendes Gefühl in der Brust, Wässerchen in den Augen und ein tiefes weihnachtliches Empfinden in dieser Zeit, die so vieles vermissen lässt, was zum schönen Fest dazu gehört, wie zum Beispiel die versammelten Familien unter einem Baum.

Was der Weihnachtszug ist, möchtet ihr wissen? Das ist der „Bethlehem- Express“, schon im Veilchendienstag- Umzug in anderem Gewand im Einsatz. Damals mit dem schön verkleideten Jugendchor „Young Spirit“ besetzt, der mit Gesangsaufnahmen des Jugendchores über Lautsprecher für Stimmung sorgte. Diesmal an Bord, waren die Gemeindereferentinnen Susanne Besuglow, Stefanie Meyer, Maria Kubanek und Ursula Bell, als Engelchen verkleidet, Techniker Christian Herzhoff und Pfarrer Wolff.  Am 24. Dezember zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr, war der  „Bethlehem- Express“ nun festlich geschmückt, mit den Gesangsaufnahmen des „Spirit of Change “ Chores über Lautsprecher weithin schallend, auf den Dorfplätzen und den Straßen, zwischen Eil und Ensen zu finden. 

Ein weihnachtliches Medley, mit deutschen Weihnachtsliedern, sowie „Merry Christmas“ und „Winter Wonderland“ hatten „Spirit of Change und das Pfarrorchester in Studioarbeit im Dechant Scheben Haus zuvor aufgenommen. Immer 3 Sänger/innen unter Anleitung von Chorleiter Micheal Hesseler, sangen die Stücke auf vorher vom Pfarrorchester eingespielte Musik.

Das war also übrig geblieben von unseren chorischen Plänen für die Weihnachtszeit. Hatten wir uns Anfang letzten Jahres natürlich anders vorgestellt, als unsere Chorgemeinschaft auf die neuen, aufregenden Pläne für das Weihnachtskonzert und Christmettengestaltung 2020 wartete. Damals durften ja auch noch alle Sänger/innen gemeinsam in einem Raum nach Herzenslust schmettern und tirilieren und zwitschern. Man möge mich nicht falsch verstehen. Mir ist natürlich bewusst, dass viele Menschen auf essentielle Dinge wie Nähe, Arbeitsplatzsicherheit und existentielle Absicherung verzichten und vor allen Dingen um Leben und Gesundheit für sich und die Angehörigen fürchten müssen. Da scheint das Singen im Chor nicht gerade systemrelevant. Doch neben der Gemeinschaft, die für uns alle wichtig ist, und die wir im Chor immer wieder erleben dürfen, sehen wir doch auch, welche Freude man mit Gesang verbreiten kann. Sei es bei Mitsingkonzerten, wenn sich das Publikum zu Sängern wandelt, die Freude in Altenheimen, wo die Menschen strahlende, wache Augen bekommen oder die Gospelnächte, in denen für einen guten Zweck gesungen wird. 

Anfangs waren die Pläne so ambitioniert wie in den Vorjahren. Doch das C- Virus strich einen Punkt nach dem anderen von der Wunschliste. Gemeinsames Singen im großen Rahmen, Auftritte vor Publikum, feste Termine für Aufführungen und das Singen in Messen. Schön gedacht und doch gestrichen.

Mit sich ändernden Erkenntnissen über das Infektionsgeschehen verschärften sich die Vorschriften für das gemeinsame Singen. Auftritte im kleineren Rahmen wurden erwogen und verworfen, Gesangsproben in mittleren Gruppen, dann in kleineren Gruppen wurden gemäß den Vorschriften durchgeführt. Dann kam der erste Lockdown und wir trafen uns nur noch virtuell.

Im Sommer entspannte sich die Lage und wir konnten wieder im Freien Proben oder in kleinen Gruppen unter Einhaltung strengster Vorgaben. In virtuellen Treffen wurden wir bald virtuos, nur das intensive Proben von anspruchsvollen Liedern geht eben doch nur Live und in Farbe. Das wichtige Probenwochenende fiel ins Wasser, die gesanglichen Aussichten wurden immer trüber. „Mamma mia“, fest im Repertoire verankert, vorher gemeinsam gesungen und getanzt, wurde nun zum gemeinsamen Seufzer. Abba musste in der Mottenkiste bleiben, wo es eigentlich nicht hingehört.

Dann wurde das Singen in Gottesdiensten ausgesetzt. Außerdem wurde die Anzahl der Teilnehmer einer Chorprobe auf vier beschränkt. Die AHA- Regeln mussten dabei streng eingehalten werden. 

Als sich dann auch noch abzeichnete, dass ein Singen vor Gottesdienstbesuchern an Weihnachten nicht möglich sein könnte, hatte unser Chorleiter Michael Hesseler die Idee, das gelungene Frühlingsprojekt „Spirit of Change on Video“ wieder aufzunehmen.

Ostern und Pfingsten hatten wir die Musikvideos „Wunder gibt es immer wieder“ und „Why so downcast?“ mit Chorgesang und Band- und Orchestermusik aus unserem Repertoire produziert.

Die Projekte hatten uns damals viel Spaß beim Erstellen bereitet und viel Freude bei Freunden und Verwandten und in den Porzer Gemeinden gespendet, als diese Videobotschaften im Rahmen von Online- Gottesdiensten gesendet wurden. Nun saß uns die Zeit im Nacken. Niemand wusste ja, wie lange wir uns überhaupt noch treffen durften, um die Weihnachtslieder aufzunehmen.

In der kurzen Spanne von 14 Tagen erstellten „Spirit of Change“ und das Pfarrorchester unter der Leitung von Michael Hesseler blitzschnell mehrere Aufnahmen von weihnachtlichen Stücken.

47 Mal, jeweils mit 4 Chor- oder Ensemblemitgliedern, wurde Musik und Gesang geprobt und eingespielt. In Plastikfolie eingepackte Mikrofone in gehörigem Abstand zum Nachbarn, Knopf mit der Musik im Ohr und dem Chorleiter am Keyboard, der von der Bühne aus dirigierte, viel Freude, Aufregung und mit Hilfe von Weihnachtspunsch, alkoholfrei natürlich, gelangen die Aufnahmen unter der Aufnahmeleitung von Sascha Axmann  problemlos und viel zu schnell. Denn gerade hatte man es sich am Mikro gemütlich gemacht, sich an der Anwesenheit der Sänger links und rechts erfreut und sich schön eingesungen, war der Spaß schon fast wieder vorbei. Noch einmal in die Aufnahme reingehört und die nächste Gruppe war dran. Trotzdem kam vorweihnachtliche Freude auf. Kaum waren die Lieder aufgenommen, man ahnt es schon, mussten wir das chorische Singen im Dezember ganz einstellen, da die Inzidenzzahlen in ganz Deutschland leider wieder in die Höhe schossen.

Also gerade noch geschafft. Dann nahm noch flugs ein jeder Teilnehmer ein schönes Video auf, lustig, besinnlich, weihnachtlich, je nach Gusto und verschickte es an unseren Tontechniker Wilfred Venedy, damit er alles schön zusammenbaut. Musik, Gesang und Bild unter seinen geschickten Händen gemixt und das Video „Winter Wonderland“ war fertig.  Der Aufnahme „Merry Christmas“ wurde mit Fotos des letzten Jahreskonzertes ein festlicher Rahmen gezaubert. Doch was sollte jetzt mit diesen gelungenen Werken geschehen? Ja, genau, nachdem der schöne Plan, mit einigen Musikern auf dem „Bethlehem- Express“ für festliche Stimmung in den Porzer Vororten zu sorgen und dem ein- oder anderen den Gottesdienstbesuch zu ersetzen, an der immer weiter steigenden Inzidenz scheiterte, wurde kurzentschlossen und kreativ wie gewohnt, der „Bethlehem- Express“ mit den aufgenommenen Liedern von „Spirit of Change“ und Pfarrorchester auf die Reise geschickt.

Jetzt hörte ich also das Ergebnis so spannender und beharrlicher Arbeit klar und hell in die Weihnachtsnacht geschallt. Da wurde mir ganz warm ums Herz. Wehmütig und auch Hoffnungsvoll. Später hörte ich die Lieder noch einmal in der Online- Christmette und konnte die Videos mit Freunden und Verwandten teilen, die man dieses Mal nur von Ferne grüßen konnte. So erhielt auch dieses seltsame Weihnachten mit so vielen Abstrichen, einen besinnlichen Ton. Auf dass wir bald wieder alle gemeinsam sein können, wünsche ich Ihnen einen guten Start in ein Jahr der Möglichkeiten.

Kerstin Surra

Sollen wir in Krokodilfarm oder Palmenhaine investieren? Wäreme i

10.07 | 11:17

Es gibt jetzt eine neue Seite mit Ölbildern auf meiner Literaturhomepage.

Chor und AHA- Regeln

Spirit- of- Change: AHA

Vor ein paar Monaten mahnte unser Chorleiter Michael Hesseler noch: „Abphrasierung“, gab uns ein „Hohes C“ vor und dirigierte: „Altstimme 1 fängt an“.

Jetzt klingen die AHA- Regeln anders und gelten, damit die Altstimmen beim hohen C überhaupt erst abphrasieren dürfen.  

Abstand, Hygiene und Alltagsmaske.

Ein engagiertes Hygienekonzept ermöglicht es dem Chor Spirit-of- Change trotz der strengen Corona- Regeln für Chöre zu proben. Zum Glück steht das Dechant- Scheben- Haus noch und uns zur Verfügung.

Die probenfreie Zeit war hart. Zwar wurde sie mit Videoschaltungen überbrückt, aber das gemeinsame Singen kann eben durch nichts ersetzt werden.

Damit die Regeln eingehalten werden können, zum Beispiel die großen Abstandsregeln zur Seite und nach vorne, können gleichzeitig immer nur 20 Sänger und Sängerinnen gemeinsam proben. Deshalb bietet unser Chorleiter bis zu drei Proben die Woche an. Zum Wochenbeginn erhalten wir Sängerinnen und Sänger den Probenplan.

Meine erste Probe dieser Art fand an einem Mittwoch statt. Michael und Roswitha Hesseler hatten mit dem Zollstock und Klebeband gearbeitet. Das konnte man sehen. Ich wurde zu den Desinfektionsflaschen dirigiert, wo ich meine Hände desinfizieren musste und suchte mir einen Platz in meiner Stimmlage. Erst dort zog ich meine Maske aus, wie vereinbart.

Aber es hielt mich nur äußerste Disziplin auf meinem Stuhl, als nun nach und nach die anderen Sängerinnen und Sänger eintrudelten.  Wir hatten uns so lange nicht gesehen und es gab doch so viel zu bequatschen. Aber so winkten sich alle herzlich zu und warfen Kusshändchen in die Runde. Man merkte, dass sich alle mal gerne feste gedrückt hätten, stattdessen umschlingt man sich eben selber und stellt sich vor, es wäre das Gegenüber an der anderen Wand des großen Saales.

Nach dem Einsingen merkte ich, dass meine „Singmuskulatur“ mal wieder richtig in Schwung gebracht werden musste. Ich hatte sie zu lange aus Vorsicht ruhen lassen. Das konnte ja heiser werden.

So war das eben in Corona - Zeiten. Nicht nur die Muskulatur in meinem Hals hatte sich eine ziemlich faule Zeit gemacht. Ich trug heute meine Hose mit dem verstellbaren Bund und eine weite Bluse und lutschte eben nach der Probe schnell ein Halsbonbon.

Jetzt, nach ein paar von diesen Übungsstunden, die jeweils nur eine Stunde dauern dürfen, fühlte sich das geschmeidige Gefühl im Hals schon griffiger an. Und für den Text haben wir ja die Notenblätter. Bald werden wir wieder auf sie verzichten können und frei aus dem Kopf hundert Lieder singen.

Die anderen Chormitglieder zu sehen, wieder etwas zu trällern, gemeinsame Pläne schmieden. Wunderbar, dass dies trotz Corona-Zeiten klappt.

Das vom Erzbistum erarbeitete Konzept wird engagiert umgesetzt und scheint aufzugehen. Beinah wöchentlich ändert sich das Konzept in Nuancen und passt sich den neusten Bestimmungen und Erkenntnissen an. Ich fühle mich dadurch sicher und gehe beruhigt und gerne zur Probe.

Die neueste Regelung sieht eine Lüftungspause von einer Viertelstunde nach einer halben Stunde Singen vor. Danke dafür! Jetzt können wir uns dann mit Maske bewaffnet und die Abstandsregeln einhaltend doch ein wenig näherkommen und heraussprudelnd berichten, wie es uns ergangen ist. Bald ist es aber wie immer und wir plaudern über das letzte Buch, das wir gelesen haben, die Reise, die wir für eine Zukunft ohne Plage planen oder ein berufliches Projekt, auf das wir uns schon freuen. Wie alte Freunde eben immer da anknüpfen, wo sie zuletzt aufgehört haben, selbst, wenn sie sich Wochen- oder Monatelang nicht gesehen haben.

Bald steht Weihnachten vor der Tür und das Jahreskonzert, das für uns schon zur Vorweihnachtzeit gehört, wie der Adventskranz und Spekulatius findet dieses Jahr so wie gewohnt nicht statt. Das wird uns fehlen, so wie die gemeinsame Probenzeit im Herbst in Oberwesel. Ich ertappe mich bei Vorfreude auf das Wochenende, das doch schon längst Geschichte ist. Der September ist vorbei gegangen ohne Wanderung durch die Weinberge, intensives Proben und abendliches Feiern. Ein wichtiges gemeinschaftliches Erleben fehlt also in diesem Jahr und muss durch die Freude ersetzt werden, sich einfach nur zum gemeinsamen Singen sehen zu dürfen, was ein paar Monate ja noch nicht möglich war.

Wie es mit neuen Konzepten von Live- Auftritten oder Präsentation über moderne Medien weiter geht, muss jetzt überlegt werden und die Zeit wird zeigen, was möglich ist.

Unsere gesanglichen Videobotschaften waren schon ein toller Impuls und Freude für viele Menschen, die sich Ostern und Pfingsten daran erfrischen durften. Für uns als Chor war es spannend, neues Terrain zu betreten. Innovation und Erfindungsreichtum und die Erkenntnis, was einem wirklich fehlt, wenn man es nicht hat, sind vielleicht die positiven Erkenntnisse, die uns diese besondere Zeit beschert.

Klappte dann aber doch ganz gut. Ich traf noch nicht jeden Ton und nicht jeder Text saß noch so sicher wie vor ein paar Monaten, aber die Sangesfreude schwappte schnell über und ließ mich milde über meine sanglichen Qualitäten urteilen.

Stress und Hektik sind es jedenfalls nicht. Aber die Menschen, die Gemeinschaft und das gemeinsame Erleben ganz bestimmt.

Dies und einen gemütlichen Herbst wünsche ich dem Leser.

Und bleiben Sie gesund.

Kerstin Surra

Wir machen Musik

Das Chor- Jahr fühlte sich von Anfang an anders an. Es gab Ideen und feste Termine, Pläne und Vorfreude und gleichzeitig raunte es aus China herüber, dass alles ganz anders kommen könnte.

Wir als Chorgemeinschaft probten zunächst noch auf feste Ziele hin, weil es ja nur ein Geraune war. Oft genug war es beim Sturm im Wasserglas geblieben. Doch irgendwann erkannte man es auch in Europa, dass in diesem Jahr nichts so werden würde, wie gehofft.

Das letzte persönliche Chortreffen fand wie immer an einem Donnerstag statt, als die Politik noch nicht sicher war, wie es weiter gehen sollte. Demokratisch entschieden wir uns für eine frühe Isolation, also einen Verzicht auf die wöchentlichen Proben. Die Politik zog nach. 

Der Donnerstagabend war schon ein wenig traurig, weil wir wussten, dass wir uns eine ungewisse Zeit nicht sehen würden.

Freitag war man mit anderen Dingen beschäftigt. Vorräte sichten, Einkauflisten der älteren Verwandten abfragen, brauchen die Nachbarn etwas, Einkäufe erledigen, Abstand halten. Ethische Fragen stellen.  Wo endet umsichtige Haushaltung und fängt das Hamstern an? Wieviel Toilettenpapier braucht ein Mensch?

Samstag nahm man sich vielleicht die Zeit, Freunde per Whatsapp zu kontaktieren, ins Ausland zu skypen, Freunde anzurufen. Montag blieben die Kinder aus der Schule zu Hause. Haus putzen, nur nicht zu viel nachdenken. Den Garten umgraben, wenn man einen hat, anfangen mit Hamstern,….

Dienstag einfach nur das Leben organisieren, Mittwoch nicht den Mut verlieren, Donnerstag…

Donnerstag keine Chorprobe. Von wegen. Natürlich haben sich unser Chorleiter und einige Chormitglieder schon Gedanken gemacht, wie man das regeln kann. Über eine Internetplattform wurde ein Team- Meeting eingeplant, Einladungen verschickt, der Computer eingerichtet, ein Platz gesucht, an dem man ungestört reden kann, ohne die Familie zu irritieren.

Dann kam der Donnertagabend und ich saß erwartungsfroh vor meinem Laptop, versuchte noch schnell, zu verstehen, was ich genau tun muss, damit mich die anderen sehen und hören können und umgekehrt, da bimmelte ein Anruf über Zoom herein und ich musste ihn nur annehmen. Eigentlich ganz einfach.

Schwupp, war ich drin und vor mir sah ich schon die ersten Chormitglieder in kleinen Bildchen, die mir winkten und mich begrüßten. Wie schön!!!

Nach und nach trudelten alle ein und es gab ein frohes Hallo und Lachen!

Singen konnten wir nicht gemeinsam, dafür ist das Medium nicht ausgerichtet, aber der zweitliebsten Tätigkeit während der Chorprobe, das Quatschen (natürlich nur vor und nach der Probe), ähem, konnten wir frönen.

Und das tat sehr gut. Man war ja gar nicht alleine mit seinen Befürchtungen und Sorgen. Ein Netzwek wurde ins Leben gerufen, um sich gegenseitig zu unterstützen, falls nötig. Einige Chormitglieder können leider nicht über die modernen Medien kommunizieren. Die wurden eben persönlich angerufen. Es sollte keiner außen vorgelassen werden.

Die nächste schöne Aktion, die wieder mehr mit singen zu tun hatte, wurde kurz vor Ostern ins Leben gerufen. An Ostern sollten wir eigentlich in einer Ostermesse singen. Schon schade, dass das nicht möglich war, oder doch?

Jedes Chormitglied nahm ein Video von sich auf. Jeder von uns sang: “Why so downcast, oh my Soul“   ein und  schickte das an unseren Studiotechniker. Der bastelte daraus ein wirklich schönes Musikvideo zusammen und stellte es auf YouTube ein.

Wir konnten das Video an Verwandte und Freunde schicken. Das war ein kleiner Trost dafür, dass das diesjährige Osterfest nur im kleinsten Rahmen gefeiert werden konnte.

Zwar liebevoll gestaltete, virtuelle Messen, aber keine leibhaftige, feierliche Ostermesse mit Weihrauch und Gesang, kein Kaffeetrinken mit Oma und Opa, keine Reise zu Verwandten. Da war das Video irgendwie ein Sonnenstrahl.

Die Resonanz war so groß, dass wir am Ende der Karfreitagsmesse in Langel eingespielt wurden, die über soziale Medien verfolgt werden konnte.

Für mich selber war das erste Reinhören ein Gänsehautmoment. Da sind sie ja fast alle und singen zusammen.

Normalerweise ist die Probe auch ein herzliches Treffen mit vielen Umarmungen und Lachen. Wo siebzig Sänger den Mund öffnen und Töne und Sorgen frei herauslassen, da wirbeln eben auch die Viren und Bakterien. Wir sehen das normalerweise gelassen. Doch das geht jetzt natürlich nicht mehr.

In der Krise merkt man, was einem wirklich fehlt und kommt auf viele neue, kreative Ideen, um sich auszudrücken, Gemeinschaft zu leben, zusammen zu halten. Und wenn wir uns dann endlich wiedersehen können, live und in Farbe, dann wird das ein wirklich großer Moment werden. Und ich fürchte, lieber Chorleiter, dann wird mehr gequatscht, als gesungen werden, aber nur ein wenig mehr. Denn dann singen wir bestimmt: “Oh happy Day!“ und meinen es auch so.

Kerstin Surra

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Liebe Frau Surra! Ihr Buch "Auf den Studen des Mondes" hat mi...

04.09 | 09:40

muchas gracias Kerstin Surra y Mika Fritze por sus comentarios, ah...

21.03 | 09:52